Zwei Jahre Semicolon Relations: Halber Darm oder depressive Agentur?

Vor genau zwei Jahren kündigte ich meine Stelle in einer kleinen, aber hochprofessionellen Agentur, in der ich viel gelernt hatte, und wagte den Sprung in die Selbstständigkeit. Für einen eigentlich Sicherheits-liebenden Menschen wie mich, ein Riesen-Schritt. 2 Jahre später kann ich mit Stolz auf meine eigene kleine, aber feine – und wie ich finde, ebenfalls hochprofessionelle – Agentur blicken und sagen „Es war die richtige Entscheidung!“
Um eines klarzustellen: Ich habe keine Kunden aus meiner Anstellung mitgenommen – nicht einmal versucht, sie abzuwerben. Ich ging nicht in einer bösen Absicht, sondern aus dem inneren Drang heraus, selbst für meine eigene Agentur, meine KundInnen und mein Tun verantwortlich zu sein. Ich wollte Freiheit und Selbstbestimmtheit. Zumindest, soweit das in der Agenturwelt möglich ist, wo KundInnen den Rhythmus diktieren.
Wochenend‘ und Sonnenschein? Ich vorm MacBook ganz allein!
Klar hat auch diese Form der Freiheit ihren Preis. Nicht umsonst, und hier zitiere ich tausende von anderen Selbstständigen, setzt sich das Wörtchen aus den beiden Worten „selbst“ und „ständig“ zusammen. Aber für mein eigenes Wohlergehen und das anderer, die mit mir arbeiten, verantwortlich, fällt das gar nicht so schwer, wie befürchtet. Drängt eine Deadline sind mir Wochenenden und Feiertage einfach egal. Immer? Nein, zugegeben. Im Sommer, wenn die Donauinsel ruft, fällt es schwer, die Sonne zu ignorieren und am Konzept für den nächsten Workshop zu arbeiten. Doch auch hierfür gibt es eine simple Lösung: Arbeite ich alleine, schnappe ich mir mein liebstes und gleichzeitig meistgehasstes Arbeitsgerät, das MacBook, und werfe mich in den Schatten an der Alten Donau. Digitales Nomadentum, die Freiheit von irgendwelchen räumlichen Einschränkungen, kann auch ein Segen sein. Nicht selten findet man mich in Cafés, im Museumsquartier, im Park, im Sommer an Ufern oder sogar am Pool in Marrakech arbeiten. Das digitale Nomadentum ist gewöhnungsbedürftig, aber ich habe es lieben gelernt.
„Depressive Agentur“ oder „halber Darm“?
Die Interpretationen des ebenfalls exakt 2 Jahre alten Agenturnamens sind 3-geteilt. Die einen gehen vom Tattoosymbol des Semikolons aus, das Depressionen darstellen soll. „Wieso hast du eine depressive Agentur?“ fragen Leute, die jene Bedeutung kennen. MedizinerInnen und WissenschaftlerInnen, mit denen ich arbeite und die in der Schule oder im Studium ebenfalls mit Latein gequält wurden (ja, ich habe es gehasst und geliebt gleichzeitig – tainted love) leiten den intellektuell-lächerlichen Namen „halber Darm“ von semi (halb) und colon (Darm) ab. Es ist das zweite Mal, dass ich das versuche in einem Blogbeitrag klarzustellen: Das Semikolon, englisch „semicolon“ ist ein Satzzeichen, das zugegeben oftmals falsch eingesetzt und vom Aussterben bedroht ist. Fakt ist, dass der Hintergrundgedanke war: Nach einem Semikolon kommt noch etwas, der Satz ist noch nicht zu Ende, es geht weiter. So wie die Beziehungen, die gute Kommunikation schafft. Schlechte auch, aber schlechte Kommunikation schafft einfach miese Beziehungen – wenig nachhaltig, wenig effektiv und schon gar nicht dem Unternehmenserfolg dienlich. Wir bleiben also bei meiner eigentlichen Intention: Semicolon Relations – Kommunikation, die weitergeht!
Quo vadis (Hilfe, das Latein kommt doch wieder durch!)?
Was will ich erreichen? Wo stehe ich gerade eigentlich? Ich stehe gefühlt noch immer am Anfang einer großen Reise. Ich stehe an einem Punkt, an dem die Agentur läuft und – um meinen Ex-Chef und Mentor zu zitieren – die Agentur nicht „unter dem Radar fliegt“. Man kennt uns. Und wir, das ist ein großartiges Netzwerk aus in ihrem Bereich hervorragenden Menschen, die ebenso harte Arbeiter sind wie ich und einfach spitze sind.
Wo ich hinwill? Wieder ein Zitat, diesmal anderer Natur: „Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter!“ Und im Gegensatz zu Buzz Lightyear aus Toy Story können wir wirklich fliegen!