Die eierlegende Wollmilchsau der Kommunikation

Manchmal sehe ich mich – auch als Selbstständige – am Jobmarkt um und zappe durch Stellenanzeigen, vor allem, um auf dem Laufenden zu bleiben und … wer weiß, vielleicht gibt es ihn: den einen Job, von dem ich immer geträumt habe. Was der können muss, kann ich nicht ad hoc beantworten. Die Frage hebe ich mir für den Fall auf, dass ich ihn finde. Ich verspreche, dann Bescheid zu geben.

In der Zwischenzeit arbeite ich einfach weiter glücklich für meine KundInnen an der Erreichung ihrer Ziele und gönne mir den Luxus, ein neues Projekt zu starten. Aber dazu in Kürze mehr. Ich bin, sagen wir mal nicht ganz so freiwillig, wie ich das gerne hätte, Kammermitglied. Huch, jetzt habe ich es gewagt: Ich bin durch meine Selbstständigkeit Zwangsmitglied der Wirtschaftskammer und bezahle jährlich brav meine Kammerumlage. Nach 3 Jahren habe ich mir abgewöhnt, darüber zu mosern. Aber ich frage mich doch, während ich so die Stellenanzeigen der letzten 7 Tage durchforste: Wieso haben wir einen Fachverband Werbung und Marktkommunikation (Liebe Grüße an dieser Stelle) und stehen trotzdem wie die Volldeppen da?

Ein Beispiel gefällig: Marketing und Communications Manager, mehrjährige Berufserfahrung, abgeschlossenes Studium inkl. Grafikkenntnisse und Erfahrungen in einem internationalen Konzern, mit Teamlead…. WOW, sage und schreibe 44.000 EUR brutto p.a. Sorry, dass ich es jetzt mal ganz brachial mache: 3.142 EUR brutto im Monat entsprechen, danke liebe Arbeiterkammer: 2.485 EUR monatlich. All-in versteht sich. Und, ich wiederhole mich: Wir sprechen hier von einer Position mit Personalverantwortung, mehrjähriger Erfahrung und das in einem internationalen Konzern. 60 Stunden pro Woche im Durchschnitt. Mal 4 für ein Monat. Uiuiui, Stundenlohn von 13,10 EUR. Ich habe, nur zur Info, beim Verteilen von Mini-Babybels in einem Einkaufszentrum während meiner Schulzeit 12 EUR in der Stunde verdient. Als CEWE-Fotobuch-Tante im Media Markt ebenfalls. (Bitte keine unnötigen Hinweise auf die CEWE-Werbung, danke!)

Ein anderes Inserat. Accenture sucht. Na gut, denke ich mir. Die sind bekannt dafür, Leute auszubeuten, aber immerhin ein bisschen mehr zu zahlen. Quasi Schmerzensgeld. Nix da: Gesucht wir ein Digital Native (bin ich laut einiger Definitionen), mehrjährige Berufserfahrung (geht sich bei mir mit Studien aus, bei jüngeren Digital Natives vermutlich nicht), reisebereit, Consultant für Medien, Technologie und Marketing. 38.000 EUR. Ich will gar nicht nachrechnen, ich kann mir in etwa ausmalen, wo wir hier  beim Stundenlohn liegen.

Was will ich eigentlich sagen: Communication is key! Man kann nicht nicht kommunizieren! Das haben wir alle gelernt. Auch, dass Unternehmen in der digitalen Welt noch mehr gefordert sind, Kommunikation auf unterschiedliche Kanäle auszubreiten. Und sorry, liebe Unternehmen, Organisationen und Institutionen, die da um teures Geld auf Jobportalen schalten: Für 7 (unteres Ende) bis 13€ die Stunde Kommunikation vom Feinsten – von einer Person, die jung, dynamisch, flexibel, formbar und trotzdem jahrelang erfahren und super kompetent ist. Das geht sich für mich irgendwie nicht aus. Intrinsische Motivation hin und her. Aber die eierlegende Wollmilchsau ist noch nicht erfunden.

Ich bleibe dann mal selbstständig und frage mich, wann der Kollektivvertrag mal an die Realität angepasst wird und gescheite Lobbying-Arbeit von unserem Fachverband für die Bedeutung unseres Berufsstandes gemacht wird. Dafür bin ich nämlich gerne bereit, die Kammer zu finanzieren. Aber nicht, damit sie sich am Tag der Marktkommunikation selbst in komischer Brancheninzucht feiert. In der eigenen Suppe mag es sich zwar sicherlich gut baden. Aber aus der Komfortzone zu kommen hat zumindest einen Hauch von Freiheit inne.